In unserer Rubrik Irrtümer, Mythen und Halbwahrheit versuchen wir den Dingen auf den Grund zu gehen und Behauptungen - nach aktuellem Wissensstand - zu korrigiert.
Gattefossé und der Lavendel
Grundlage
Gattfossé (1881 bis 1950) war ein französischer Chemiker und Parfümeur. Er gilt als der Begründer der Aromatherapie.
Behauptet wird
Eines Tages, als er in seinem Labor hantierte, verbrannte er sich. Vom Schmerz gequält, hielt er seine verbrannte Hand in ein Gefäß mit ätherischem Lavendelöl. Erstaunt entdeckte er, dass nach kurzer Einwirkdauer im ätherischen Öl von seiner Verbrennung nichts mehr zu sehen war, weder Rötung noch Brandblase.
Richtig ist
Nach der Verbrennung hat er sich im Gras gewälzt und sich dabei mit dem Gasbranderreger (Clostridium perfringens) infiziert. Die daraus resultierende Gangrän hat er dann gezielt mit Lavendelöl behandelt.
Quelle: https://roberttisserand.com/2011/04/gattefosses-burn/
Die 3 %ige Mischung
Häufig zu lesen ist
Eine ätherisch-Öl-Mischung bis zu 3 % ist sicher.
Richtig ist
Ob eine Mischung sicher ist oder nicht, entscheidet nicht alleine die Dosierung.
In der Therapie sind ÄrztInnen und ApothekerInnen gefragt. Die Ärztin oder der Arzt entwickeln die Rezeptur. Das Apothekenfachpersonal prüft die Rezeptur auf Plausibilität. Die Dosierung ist in der Therapie oft deutlich höher als 3 %.
Aromapflegeprodukte müssen gemäß EU Kosmetik-Verordnung sicherheitsbewertet werden. Somit gibt es keine allgemeinverbindliche Haltung, dass 3 %ige Mischungen immer sicher sind.
Die Zielgruppe (Babyhaut, Alterhaut, kranke Haut) sowie die Körperoberfläche und die Häufigkeit der Anwendung sind wichtige Parameter für die Dosierung.
Generell spielen nicht nur die Konzentration sondern auch die Inhaltsstoffe eine große Rolle. Aldehyd- und phenolhaltige ätherische Öle wie z. B. Zimt sind stärker Haut reizend als bspw. ätherisches Lavendelöl.
Quelle: Einschlägige Verordnungen und Gesetze
Physiologische Dosierung
Häufige Aussagen sind
Unter physiologischer Dosierung versteht man die Anwendung ätherischer Öle bis 1 % in Mischungen.
Die Mischung hat in physiologischer Dosierung keine Nebenwirkung.
Richtig ist
Oft steht "physiologisch" für eine geringe Dosierung oder eine sichere Anwendung. Die Begrifflichkeit gilt es aber zu hinterfragen.
Der menschliche Körper enthält keine ätherischen Öle. Daher können ätherische Öle nicht physiologisch sein.
Ätherische Öle können, wie Pharmazeutika, maximal eine physiologische Wirkung im/auf den menschlichen Körper erzeugen.
Quelle: https://www.pschyrembel.de/physiologie/K0GXU/doc/
Tropfen und ml
Geschrieben steht
20 Tropfen ätherisches Öl ergeben 1 ml.
Richtig ist
Abhängig vom (deutschen) Tropfeinsatz, der Dichte, Viskosität und Oberflächenspannung des jeweiligen ätherischen Öls, entsprechen 1 ml ätherisches Öl zwischen 23 Tropfen (z. B. Bergamotte) und 46 Tropfen (z. B. Cassiazimt) .
Quelle: Steflitsch W., Wolz D., Buchbauer G. (Hrsg.): Aromatherapie in Wissenschaft und Praxis 2013, ab S. 447
Sheabutter und Allantoin
Zu lesen ist oft
Sheabutter enthält eine Reihe kostbarer Inhaltsstoffe, darunter zählt auch: Allantoin, welches entzündungs-hemmende und wundheilende Eigenschaft besitzt.
Richtig ist
Sheabutter enthält nachweislich kein Allantoin. Weder in der rohen (unraffinierten) noch in der desodorierten Sheabutter ist Allantoin enthalten und auch nicht in der Spezies Nilotica.
Quelle: Die Analysen (05.08.2020) des BAV Institutes liegen dem Verein vor.
Zitrusfrüchte und Limonengehalte
Behauptet wird
Der Limonengehalt ist bei den Zitrusschalenpressungen mehr oder weniger identisch.
Richtig sind folgende Limonengehalte
Bergamotte |
32-48 |
Limette |
50-61 |
Zitrone |
56-78 |
Mandarine |
65-75 |
Grapefruit |
92-97 |
Orange |
92-97 |
Quelle: Steflitsch W., Wolz D., Buchbauer G. (Hrsg.): Aromatherapie in Wissenschaft und Praxis 2013, ab S. 447